Morituri te salutant, libertas! (1)
Die Privatsphäre, Ort der Selbstbestimmung
“Morituri te salutant, libertas!” ist eine fünfteilige Serie von Texten, welche sich mit der Einschränkung der individuellen Freiheit beschäftigen. Sie beruhen alle auf der Feststellung, dass in bestimmten Bereichen des Alltags fundamentale Rechte und auch die Freiheit des Einzelnen stark beschädigt sind. Sie sind ein Protestruf gegen den Abbau der liberalen Demokratie, Rahmenbedingung der individuellen Freiheit. (Nota: einige Passagen werden hyperbolisch erscheinen, jedoch ist dies eine stilistische Notwendigkeit um auf bestimmte Missstände aufmerksam zu machen. Das Provokativ-Übertriebene erregt eher die Gemüter!)
Die individuelle Freiheit, Errungenschaft der Aufklärung, wurde erstmals umgesetzt mit der Einführung des Rechtes auf den Schutz der Privatsphäre. Tatsächlich sind die Privatsphäre und deren Schutz Grundvoraussetzung für die individuelle Freiheit. Somit braucht jeder Mensch eine bestimmte Sphäre, damit er sich frei und ungestört entfalten kann. Wird diese ihm nicht anerkannt so ist er auch nicht frei.
In der Privatsphäre soll das uneingeschränkt-absolute Selbstbestimmungsrecht gelten. Mit andern Worten, der Staat darf sich nicht in die Privatsphäre des Einzelnen einmischen, so lange ein Individuum keiner Drittperson durch sein Benehmen Schaden zufügt. Sollte Letzteres geschehen gilt entweder das klassische Strafrecht oder, je nach Schaden, das zivilrechtliche Prinzip der persönlichen Verantwortung (responsabilité civile).
Wie einst schon Wilhelm von Humboldt behauptete, soll der Staat auf ein notwendiges Minimum reduziert werden, da so die Privatsphäre und die individuelle Freiheit am größten sind. Der Staat sollte daher an sich nur Lösungen anbieten, die der Schlichtung interindividueller Konflikte dienen, und sich ansonsten aus dem Privatleben des Menschen heraushalten. Dies hätte elbstverständlich direkte rechtliche Konsequenzen.
Das Familienrecht sollte jedem die Möglichkeit geben sein Leben so zu gestalten, wie er es für richtig empfindet, und nicht bestimmte Familienmodelle diktieren. Tatsächlich betrifft dies direkt die Privatsphäre und man muss leider feststellen, dass viele Menschen ihr Familienleben und somit ihr Privatleben nicht so organisieren können wie sie es eigentlich wollen. Der Staat greift hier unberechtigterweise in die Privatsphäre ein. Zum Teil muss man von einer regelrechten Vormundschaftspolitik reden.
Auch in andern Bereichen greift der Staat in die Geschicke der Privatsphäre ein. So unterstützt der luxemburgische Staat immer noch einige Glaubensgemeinschaften und diskriminiert andere. Da Glauben Privatsache ist sollte der Staat keine Religion unterstützen. Man darf nicht vergessen, dass der Staat durch die Unterstützung einiger Religionen bestimmte moralische Aspekte fördert, welche nicht von jedem geteilt werden. Jeder sollte die Möglichkeit haben sein Leben moralisch so auszurichten wie er es für gut empfindet. Die Laizisation Luxemburgs ist und bleibt daher unumgänglich und absolut notwendig, wie dies auch von internationalen Gremien, wie dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen erkannt wurde.
Oft schreibt der Staat bestimmte Formen des Benehmens vor, was zu unsinnigen Einschränkungen der Selbstbestimmung führt. Tatsächlich regelt der Staat oft unnötige Dinge, wie das Spazierengehen mit dem Hund. Dies sind Vorschriften, welche unnütz sind und nur unnötig die persönliche Freiheit einschränken. Eine Stärkung der zivilen Verantwortung (responsabilité civile) wäre effektiver und würde darüber hinaus die individuelle Freiheit stärken.
Auch das Unternehmerrecht wird stark eingeschränkt durch die dominante Präsenz vom Staat.
Würde der Staat sich weniger in die private Wirtschaft einmischen, hätten Unternehmer mehr Freiheiten und könnten vermutlich besser investieren. Staatliche Vorschriften und stauende administrative Prozeduren erschweren jedoch private Investitionen und somit schränken sie die Dynamik der privaten Wirtschaft ein. Dies geschieht zu Ungunsten der Arbeitnehmer, da viele Arbeitsplätze so nicht geschaffen werden.
Die individuelle Freiheit, Fundament der liberalen Demokratie, genießt heute keine besonderen Stellenwert mehr. Im Gegenteil, das Kollektiv ersetzt das bereits entmündigte Individuum und unser Staat ähnelt immer mehr einem Kontrollstaat mit kommunistischen Tendenzen denn einem Rechtsstaat mit liberalen Ausrichtungen. Sollte diese Metamorphose des luxemburgischen Staates - und auch der EU- fortgeführt werden, werden wir uns bald in einer freiheitslosen Gesellschaft wiederfinden. Die Errungenschaften der Aufklärer und auch der Gründerväter des modernen Europas werden dann zur Geschichte zählen.
Bedauerlicherweise wird dieses gesellschaftspolitische Phänomen von allen in Luxemburg etablierten Parteien unterstützt. Düstere Wolken ziehen folglich auf!
Fortsetzung folgt ...
Laurent Heisten
Veröffentlichung in 2012 - Lëtzebuerger Journal